10.02.2015 - Tarifeinheit und Kreistagsarbeit
Sand. Kürzlich traf sich der Vorstand des Linksbündnisses in Sand. Sabine Schmidt und Thomas Dietzel nahmen rückblickend Stellung zur Informationsveranstaltung zum Freihandelsabkommen TTIP mit
ÖDP und GRÜNEN und schätzten sie als erfolgreich ein. So konnte Klarheit geschaffen werden über die Gefahren des Freihandelsabkommens, wobei auch die fundierten Ausführungen von Norbert Zirnsak
hervorgehoben wurden, die mit besonderer Sachkenntnis die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt beschrieben.
Sabine Schmidt berichtete von der Anfrage des Linksbündnisses an den Kreistag, in der Auskunft über die Veränderungen auf Kreisebene durch die Einführung des Mindestlohns eingeholt werden soll.
Diese Anfrage findet auch Unterstützung durch SPD, ÖDP und GRÜNE.
So geht es vor allem darum, betonte Sabine Schmidt, inwiefern der Mindestlohn für die Beschäftigten des Landkreises und bestimmter Servicegesellschaften gesichert ist. Auch sei es
wichtig zu erfahren, ob die Zahl der „Aufstocker“ durch die Einführung des Mindestlohnes abgenommen hat und ob qualifizierte Arbeit durch ehrenamtliche Tätigkeit eingespart werde. Auch sei es von Interesse zu erfahren, auf welche Weise sich die Perspektive für Langzeitarbeitslose im Kreis verändert habe und welche qualifizierenden Maßnahmen der Kreis speziell für ältere Arbeitslose bereithalte. Von besonderer Bedeutung sei in diesem
Zusammenhang auch, wie Thomas Dietzel hervorhob, die Aufklärung über Programme
zur Vermittlung eines Ausbildungsplatzes für Jugendlichen ohne Bildungsabschluss oder solche, die in Maßnahmen des Jugendamtes eingebunden sind.
Desweiteren war sich der Vorstand einig, dass der Kreis hinsichtlich der
Arbeitsvergabe eine Vorbildfunktion besitze. So müsse bei Ausschreibungen Tariftreue beachtet werden. Zusammenfassend stellte der Vorstand fest, dass der Mindestlohn zwar ein gewisser Fortschritt
sei, aber aufgrund der vielen Ausnahmen verbessert werden müsse. So sei auch eine Stärkungder zuständigen Finanzkontrolle vonnöten, da es dort an Personal fehle und damit effektive Kontrollen
erschwert würden.
Ein weitere wichtiger Diskussionspunkt war die Problematik des Nahlesschen Tariftreuegesetzes. Thomas Dietzel nahm kurz Bezug zur Diskussion im DGB-Kreisvorstand, wo das Gesetz zur
„Tarifeinheit“ ebenfalls diskutiert wurde. Der DGB habe keine einheitliche Position zu diesem Gesetz, aber vor allem ver.di, NGG und GEW lehnten das Gesetz ab. Er begrüßte die
Unterschriftensammlung gegen dieses Gesetz, da es in letzter Konsequenz eine
Einschränkung des Streikrechts bedeute. Vom Ausgang dieser Auseinandersetzung
hänge für die deutsche Gewerkschaftsbewegung einiges ab. Und das nicht nur wegen der direkten Folgen der Regelung. Für sogenannte Minderheitsgewerkschaften bedeute
es, dass sie ihr Streikrecht nicht mehr gefahrlos wahrnehmen können. Es sei zwar durchaus wahrscheinlich, dass das Gesetz - sollte es in der jetzigen Form tatsächlich verabschiedet werden - letztlich am Veto des Bundesverfassungsgerichts scheitere, bis dahin aber sorgt es zumindest für erhebliche Rechtsunsicherheit, was Gewerkschaften von Streikaufrufen
abhalten könnte. Doch die Auswirkungen wären noch erheblich weitreichender. Erstmals würde unmittelbar ins Streikrecht eingegriffen - die Debatte über angeblich ausufernde und „unverhältnismäßige“ Ausstände würde nicht aufhören, sondern verstärkt weitergehen. Es sei
nicht schwer zu erraten, was als Nächstes möglich sei: eine Reglementierung von Arbeitskämpfen im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Schon jetzt spiele die Auffassung eine Rolle, bestimmte Beschäftigtengruppen dürften ihre Interessen nicht „zu Lasten der Allgemeinheit“ vertreten. Diese Argumentation sei beliebig erweiterbar
- auf Krankenpflegekräfte, Busfahrer, Journalisten und viele andere. Erster Schritt könnte eine verpflichtende Schlichtung sein, die von manch konservativem Arbeitsrechtler bereits vorgeschlagen
wird. Doch dabei würde es nicht bleiben. Deshalb gelte es, den Anfängen zu wehren und den aktuellen Vorstoß zur Einschränkung des Streikrechts mit allen Mitteln zu verhindern. Für
Gewerkschaften und Linke werde das im kommenden Jahr eine der
entscheidenden Herausforderungen sein, führte Thomas Dietzel abschließend aus.
Sabine Schmidt verwies in diesem Zusammenhang auf das im Auftrag der Linksfraktion im
Bundestag erstellte Gutachten des renommierten Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler,
der das Gesetz zur „Tarifeinheit“ als unbegründet, unverhältnismäßig und grundgesetzwidrig erklärte. Sie erinnerte an Linksfraktionsvize Klaus Ernst, der die Gesetzesvorlage einen „eleganten Versuch, Gewerkschaften auszuschalten, ohne sie explizit zu verbieten“, nannte. Däublers Gutachten stelle klar, dass der Vorstoß politisch und nicht rechtlich motiviert sei. An die Adresse der Spitzen von IG Metall, IG BCE und DGB - die das Gesetz weiterhin öffentlich unterstützen - sagte Ernst: „Es ist nicht ihre Aufgabe, zum Arbeitsministerium von Frau Nahles parallel eine Koregierung zu bilden und für Ruhe im Land zu sorgen. Es ist nicht ihre Aufgabe, den Geist der großen Koalition auf alle Bereiche in unserer Gesellschaft auszuweiten; und dies auch noch Hand in Hand mit den Verbänden der Arbeitgeber.“ Die Linke werde versuchen, den
Widerstand gegen das Gesetz innerhalb der Gewerkschaften zu stärken.